Sonntag, 4. Dezember 2011

T44 - Die Seherin Veleda

Ich werde Veleda genannt und es ist mir gegeben, die Zukunft zu sehen. Ich jedenfalls hoffe, dass ich Glück sehen werde, wenn ich über die Zukunft gefragt werde; denn es gefällt mir nicht, Unglück vorherzusehen. Deshalb ist jene Fähigkeit, die mir von der Natur gegeben ist, oft schwer.
Ich werde ein Beispiel liefern: Ein Soldat, der in den Kampf gehen will, erkundigt sich über den Ausgang der Schlacht. Wenn dieser hört: "Du wirst aus dem Leben scheiden!", geht er entweder traurig, oder zornentbrannt weg. Wenn ich aber sage: "Ich sehe, dass du unversehrt zurückkehren wirst!", verspricht jener, dass er mir später eine Belohnung geben wird und er wirft sich am folgenden Tag mit frohem und starkem Geist den Feinden entgegen. Als die Germanen neulich gegen die Römer kämpften, kamen sie, um mich zu befragen. Deshalb ist mein Ansehen stark vergrößert worden: Ich habe nämlich vorhergesehen, dass die Germanen Erfolg haben werden und ich habe gesagt, dass diese die römischen Legionen besiegen werden - was damals unglaublich war. Tatsächlich geschah das, was ich gesagt hatte. Seit jener Zeit glauben viele Germanen, dass ich sogar eine Göttin sei. Aber mein leben ist auch hart, wie ich oben erwähnt habe: Weder mit meinen Verwandten noch mit meinen Freunden wohne ich zusammen; alleine lebe ich in einem gewissen Turm. Außerdem: Damit meine Verehrung vergrößert wird, dürften die Menschen weder an meine Kammer herantreten, noch mich selbst anreden. Deshalb wählen diejenigen, die um Hilfe bitten, jemanden von meinen Verwandten aus und schicken ihn zu mir, damit jener Antworten und Ratschläge der Götter von mir erhält. Aber ich bin guten Mutes: Nun schätzenmich die Germanen hoch...
...und ich sehe deutlich, dass auch die Römer mich bald verehren werden.

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